Kritische Betrachtung von Programmatic Advertising und warum die Entwicklung nicht unbedingt gut für die Qualität von Content ist
Das ist auch ehrlich gesagt einer der Hauptgründe, warum ich das so gerne mag, was ich mache.
Das ist aus meiner Sicht eben „sophisticated“ und attraktiv an diesem Job! Und bei Programmatic Advertising steht eben die reine technische Optimierung der Werbung im Vordergrund, also nix mit People Business!
Gut, aber natürlich sind das meine persönlichen Befindlichkeiten, deren Kenntnis Euch nun vermutlich auch nicht allzu großen Mehrwert bieten!
Zu viele technische Systeme
Deshalb zum nächsten kritischen Punkt: die stärkere Abhängigkeit und auch Fehleranfälligkeit von technischen Systemen!
Bei Programmatic Advertising zieht sich der Prozess vom „rohen“ Werbemittel bis hin zur Auslieferung der Kampagne entsprechend der Zielgruppe und über die Auktion hinweg über neun oder mehr technische System, die über Schnittstellen miteinander kommunizieren müssen!
Neben diversen Adservern und third party-Toole und -Schnittstellen kommen dann auch noch spezifische Systeme wie SSP, DSP, DMP oder market exchanges dazu.
Fällt eines dieser Systeme aus bzw. läuft falsch, gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß die gesamte Kampagne „den Bach runtergeht“.
Das Problem ist, daß der Kunde dann sieht, daß seine Kampagne nicht richtig ausgeliefert wird, er aber im Zweifel nicht weiß, an wen er sich mit diesem Problem wenden kann, weil es ja – meistens – externe System sind.
Beim klassischen Vermarktungsgeschäft über spezifische Seitenbuchungen kennt die Agentur bzw. der Kunde – zumindest meistens – den Ansprechpartner beim Publisher, und wenn halt die Kampagne dort nicht läuft, wird dieser kontaktiert, und das Problem „one to one“ gelöst (kleine Anmerkung: zumeist auf Kosten des Vermarkters, ob gerechtfertigt oder nicht, steht aber auf einem anderen Blatt).
Marktentwicklung Content
Und der dritte Punkt, den ich gerne ansprechen möchte, ist die Sicherung der Qualität des Contents.
Das sollte ich aber natürlich erklären, und dazu muß man mal vom klassischen Prozess ausgehen.
Ein Kunde (bzw. seine Agentur) bucht (z.B.zur Bewerbung eines hochpreisigen Automodells) einen Werbeplatz auf einer reichweitenstarken Seite mit hoher Qualität der auf Autos bezogenen Inhalte, weil er in diesem Umfeld sein Produkt (also das hochwertige Auto) ideal repräsentiert sieht.
Der Publisher dieser Seite wiederum verlangt einen deutlich höheren Preis – sagen wir TKP 20 Euro - als z.B. ein Email-Dienstleister, ein Dating-Portal, o.ä., weil er zur Erstellung des hochwertigen Contents Redakteure und deren Arbeitskosten bezahlen muß (in diesem Fall könnte das eine Präsenz von 3 Redakteuren auf dem Autosalon in Genf, oder der IAA, inklusive Übernachtung und Anreise und vieles mehr…).
Diese „laufenden“ Kosten entfallen bei Email-Dienstleistern, Dating-Portalen, oder auch Social Media Präsenzen, da der Content oftmals automatisch über DPA eingespielt wird bzw. von den Usern erzeugt wird, beispielsweise bieten diese das gleiche Werbemittel für 3 Euro TKP an.
Somit können diese auch günstigere Preise für Werbekunden anbieten.
Und nun greife ich den Faden wieder auf zu Programmatic Advertising: dort bucht man ja ein gewünschtes Profil und nicht mehr das Umfeld!
So könnte unser Anbieter von Nobelkarossen z.B. als Zielgruppe 30-50-jährige Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen in München als Zielgruppe definieren und diese Zielgruppe in der DSP einpflegen.
Und nun kommt es: die „Persona“ Münchner Geschäftsführer wird sich zwar sicherlich auf der oben genannten Premium Auto-Site bewegen, aber eben auch auf der Seite des Mail-Dienstleisters seine Mails checken!
Der Werbekunde überlegt sich nun also, das mal auszuprobieren mit dem Programmtic Buying und merkt, daß er mit 6 Euro (sein Maximalgebot) oder weniger seine Zielgruppe ebenso erreicht (und das zu „100%“) wie mit den 20 Euro TKP beim Premium-Portal.
Folglich wird er sein Budget umshiften von den Umfeldbuchungen im High Price-Werbeumfeld zum Programmatic Buying.
So, nun bleibt dem Publisher mit seinem tolle Umfeld nun die Wahl, entweder sich in die Auktion bzw. den Preiskampf mit den „Billigportalen“ zu begeben, oder aber den Preis zu halten.
Im ersten Fall brechen die Umsätze aufgrund des zwangsläufig stark fallenden Preises ein, er muß kürzen, evtl. Redakteure entlassen und einfacher weniger Kosten mit folglich mehr Content „von der Stange“ produzieren.
Oder – im zweiten Fall – das Niveau seines Contents zu halten, aber dann eben auch in Kauf zu nehmen, daß ihm reihenweise die Werbekunden davon laufen!
Zweiteres zwingt ihn also letztlich dazu, sich anzupassen, den Preis und damit aber auch die Qualität zu senken.
Und ehrlich gesagt, das bedeutet meiner Meinung nach nichts andere, als daß die inhaltliche Qualität im Internet mittel- bis langfristig Schaden nimmt!
Schlusssatz
Ihr seht also, als Marketier gibt es schon einige Gesichtspunkte bei der Nutzung von Programmatic Advertising, die man kritisch beäugen sollte.
Ich möchte aber auch gerne betonen, daß Programmatic Buying marktwirtschaftlich und hinsichtlich Effizienz und Performance natürlich durchaus große Vorteile bringt.
Es geht mir lediglich darum, Euch Leser dazu zu bringen, neuen Trends im Online-Marketing eben nicht einfach zu folgen, sondern sich vorher Gedanken über Sinn und Unsinn zu machen.
Egoistischerweise freue ich mich, wenn Ihr mir bei Facebook ein "Like" schenkt (https://www.facebook.com/rmgconsulting.de/) oder meine Seite "RMG-Consulting" abonniert. :-). Gegen Anfragen für Workshops rund um Online-Marketing würde ich mich natürlich auch nicht wehren, gerne auch Inhouse zu individuell ausgearbeiteten Themen (https://www.rmgcoachings.de)